Sunday, August 20, 2006

poesie

eins liegt mir am herzen, wie noch nie
die gute, alte poesie.
drum werd ich hier so ab und an
gedichte "lesen", mit worten jonglieren
mal heiter, mal ernst
mit 16 zeilen oder nur vieren.
ich hoffe, dass ich euch damit erfreue
und wenn dem nicht so ist
haltet mir doch auch weiterhin die treue.

gedichte teil 1

von christian fürchtegott gellert

der blinde und der lahme
von ungefähr muß einem blinden
ein lahmer auf der straße finden,
und jener hofft schon freudenvoll,
dass ihn der andre leiten soll.
"dir", spricht der lahme, "beizustehen?
ich armer mann kann selbst nicht gehen;
doch scheint´s, dass du zu einer last
noch sehr gesunde schultern hast.
entschließe dich, mich fortzutragen,
so will ich dir die stege sagen:
so wird dein starker fuß mein bein,
mein helles auge deines sein."
der lahme hängt mit seinen krücken
sich auf des blinden breiten rücken.
vereint wirkt also dieses paar,
was einzeln keinem möglich war.
du hast das nicht, was andere haben,
und andern mangeln deine gaben;
aus dieser unvollkommenheit
entspringet die geselligkeit.
wenn jenem nicht die gabe fehlte,
die die natur für mich erwählte,
so würd er nur für sich allein
und nicht für mich bekümmert sein.
beschwer die götter nicht mit klagen!
der vorteil, den sie dir versagen
und jenem schenken, wird gemein,
wir dürfen nur gesellig sein.
ein tolles gedicht finde ich.
zwei kleinigkeiten möchte ich jedoch anmerken:
1. nicht die natur, wie im 6. vers beschrieben, schenkt die gaben, sondern gott allein
2. nicht "die götter" ( vers 7) sondern unser einziger gott vater

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